Donnerstag, 7. August 2008

Modebranche verschläft Trends im Onlinemarkt sagt eine neue Studie

Eine neue Studien zum Online-Modemarkt ist heute von der Dialogmarketingagentur Proximity Germany GmbH (hat nur eine rudimentäre Website) erschienen. Die Studie trägt den Titel "Mode-Unternehmen verschlafen digitale Trends" - die Pressemitteilung dazu kann man hier oder hier lesen.

Laut Proximity haben 41 % der Deutschen, weit mehr als der EU-Durchschnitt, schon einmal online Kleidung bestellt. Weiter prognostiziert Proximity für 2008 20 Mrd. Euro Umsatz für den Online-Handel mit Textilien. Diese Zahl erstaunt mich doch, da laut einer Pressemitteilung des Bundesverband des deutschen Versandhandels (bvh) der Onlineumsatz mit Bekleidung in 2007 auf rund 4 Mrd. Euro gestiegen ist. Für 2008 würde ich von Mode-Onlineumsätzen in Höhe von rd. 6 Mird. Euro ausgehen (siehe Berechnung und Quelle hier).
Aber weiter zur Studie: "Während sich der Konsument ständig weiterentwickelt, steckt die Modebranche weiterhin im Dornröschenschlaf", kommentiert Michael Schipper, CEO von Proximity Germany, die Ergebnisse der Studie. "Die neuen Möglichkeiten der digitalen Kanäle werden zumeist nicht genutzt und der Kunde mit seiner Unsicherheit alleingelassen. Damit Online-Shopping auch in Zukunft ein gewinnträchtiges Geschäftsfeld darstellt, müssen Unternehmen die neuen Trends aufnehmen und zwingend für sich nutzen." - da würde ich ihm erst Mal zustimmen.
Aber welche Trends sind gemeint? In der Studie wurden vier Trends ermittelt: Das virtuelle Ich, Social Shopping, Digital PoS und User-generated Fashion.
1. Das virtuelle Ich
"Avatare, die ihrem User bis aufs Haar gleichen, werden" laut Proximity "in Zukunft beim Modekauf im Internet eine wesentliche Rolle spielen". Nur ein Kleidungsstück, das auch wirklich perfekt dem virtuellen Ich passt, gibt dem Online-Käufer laut Proximity die notwendige Sicherheit zur Kaufentscheidung.
Dies wurde in der Vergangenheit ja schon von einigenShops mit einer virtuellen Anprobe getestet - allerdings sind diese wieder verschwunden und scheinen bisher nicht erfolgreich oder zu teuer in der Umsetzung gewesen zu sein.
2. Social Shopping
Das fehlende haptische Erleben und Prüfen der Ware beim Online-Shopping kann laut Proximity durch Bewertungen und Empfehlungen anderer Kunden ausgeglichen werden. Der Qualitäts-Check durch andere Käufer und User vermittelt neuen Kunden das Gefühl, zu wissen, was sie kaufen. Eine Kommentierungs- bzw. Bewertungsmöglichkeit bei den Produkten erleichtert den Interessenten die Kaufentscheidung und liefert den Unternehmen Feedback von und über Kunden.
Diesem Trend stimme ich zu - weitere Gedanken dazu in früheren Beiträgen („Die „Online-Mode-Revolution“ - Übersicht und Update“ vom 31.10.07 und „Viele neue Dienste wollen das Online-Shopping für Fashion revolutionieren“ vom 17.7.07).

Exkurs zu Bewertungen: In den Vereinigten Staaten kann man bei einigen Mode-Onlineshops eine konsequente Weiterentwicklung der Bewertungen durch den User erleben. Bei REVOLVEClothing.com können Kunden bei den Bewertungen ihren Figurtyp mitteilen und bei den Bewertungen u.a. die Passform und das "Sizing" beurteilen - das sieht dann so aus:



Ähnliches Feedback zur Passform und dazu, wie die Größe am Artikel ausfällt bieten Endless, Shoebuy.com, shoes.com und Zappos. Hier die Beispiele in einer Übersicht:


Weiter hat REVOLVEClothing.com zu jedemArtikel einen "Fit-Guide" in dem für diesen Artikel beschrieben wird, wie die Größe ausfällt. Auch diesen "Fit-Guide" können die Kunden bewerten - das sieht dann so aus:



Etwas ähnliches bietet
net-a-porter - dort gibt es in einer "Sizing Information" die individuellen Maße für jede Größe des Artikels (Beispiel siehe in der Übersicht oben).

Diesen amerikanischen Trend haben deutsche Online-Modeanbieter bisher verschlafen - dabei würde ich mir gerade hiervon einen signifikanten Rückgang der Retourenquoten versprechen.

Zurück zur Studie - der nächste wichtige verschlafene Trend ist aus Sicht von Proximity:

3. Digital PoS
"Mode-Geschäfte sind heutzutage mehr als reine Kaufhäuser, sie vermitteln ein einzigartiges Markenerlebnis. Allerdings gelingt es nur wenigen Unternehmen, diese "Shopping-Experience" auch in ihren Online-Auftritt zu übertragen. 28 % sagen, dass sie häufiger online Mode kaufen würden, wenn die Websites benutzerfreundlicher wären." sagt Proximity in der Studie. Und weiter "Die Marke muss dem Konsumenten Mehrwerte bieten und Ansprüche erfüllen. Eine persönliche Begrüßung mit personalisierten Informationen beim Betreten des Shops, Hinweise auf bereits angesehene Artikel - ein Muss, um die Kunden an die Marke zu binden und in der Zukunft bestehen zu können."

Auch dem stimme ich zu - die deutschen Online-Modeshops sind bisher nicht überzeugend (siehe auch früherer Beitrag).

4. User-generated Fashion
Laut
Proximity würden 59 % (der Onlinekäufer?) ihre Mode gerne selber designen, wenn Geld und Aufwand keine Rolle spielten.

Auch dieser Trend wird aus meiner Sicht eine zunehmende Rolle spielen. Customized Mode hat sich längst erfolgreich in Deutschland etabliert. Dabei gibt es bei spreadshirt & Co längst mehr als T-Shirts. Nach und nach kommen auch andere Modesortimente hinzu. Der Edeljuwelier Boucheron bietet in seinem Onlineshop custom made Schmuck an und Nike und Puma bieten customized Sneaker an.

Fazit
Auch wenn Proximity bisher eher in anderen Branchen zuhause ist, haben sie mit dieser Studie den Finger in alte und neue Wunden der Online-Modebranche in Deutschland gelegt.

Hoffentlich nimmt die Online-Moderevolution auch in Deutschland bald mal ordentlich Fahrt auf, damit wir endlich auch hierzulande einfach und inspirierend Mode online kaufen können.


Alle früheren Beiträge zum Thema Online-Modemarkt hier.

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