Dienstag, 20. Oktober 2009

Vente Privée - Interview mit Jacques-Antoine Granjon und Xavier Court

Heute hatte ich die Gelegenheit zwei der Gründer von Vente Privée zu treffen - den CEO Jacques-Antoine Granjon sowie den Marketingdirektor Xavier Court. Beide waren heute zum ersten Mal in Hamburg und hatten mich eingeladen, sie persönlich kennenzulernen und ein Interview zu machen.

Da der E-Commerce-Modemarkt für mich im besonderen Fokus steht und ich das innovative Konzept der Shopping-Clubs zum Teil auch kritisch sehe, war es mir eine besondere Freude meine Gedanken mit den Erfindern und Marktführern des Shopping-Club-Konzeptes zu diskutieren. Das Treffen fand in einer Suite im Side Hotel statt und war durch eine sehr offene und angenehme Atmosphäre geprägt.

Shopping-Clubs und insbesondere Vente Privée schaffen ein besonderes Einkaufserlebnis und werden m.E. vorerst weiter wachsen. Die Besonderheit der exklusiven Verkaufsaktionen verwässert aus meiner Sicht allerdings zunehmend durch die steigende Anzahl der Shopping-Clubs und die starke Zunahme der parallel laufen Aktionen.
Um so mehr war ich gespannt, ob sich diese These auch bei Vente Privée bemerkbar macht. Deshalb wollte ich wissen, wie sich die Click-Rate der Emails entwickelt. Laut Xavier Court ist eine Verwässerung bei Vente Privée nicht zu beobachten. Entgegen meiner These steigen die Click-Rates sogar und liegen bei 45%, d.h. stolze 45% der Einladungs-Emails zu Shopping-Aktionen werden angeklickt und führen zu einem Besuch auf der Website. Weiter wies er darauf hin, dass der durchschnittliche Nutzer nur Mitglied bei zwei Shopping-Clubs ist. Die Kunden von Vente Privée sind durchschnittlich 12 mal im Monat auf der Website - gute Kunden im Durchschnitt sogar 24 mal. Auch die Aktivquote scheint sehr hoch zu sein - mit rd. 8 Mio. registrierten Usern erreicht Vente Privée rd. 6 Mio. Unique Visitors pro Monat.

Weiter bin ich skeptisch, ob das Geschäftsmodell der Shopping-Clubs auch nachhaltig erfolgreich sein wird. Da viele Marken ihre Produktionen drosseln und über weniger Überhänge verfügen, welche sie dazu inzwischen z.T. selbst in eigenen Onlineshops verkaufen, würde ich davon ausgehen, dass die Bedeutung der Shopping-Clubs zurückgehen wird. Dieser These widersprachen beide vehement und mit viel Leidenschaft. Jacques-Antoine Granjon, der über 25 Jahre Erfahrung mit dem Verkauf von Überhängen hat, erwiderte, dass die Marken mit eigenen Sale-Aktionen ihrer Marke Schaden zufügen. Sale-Aktionen müssten selten sein, damit die Marke nicht darunter leidet. Bei Vente Privée haben die Brands die Möglichkeit in nur wenigen Tagen zigtausende von Artikeln aus der letzen Saison zu verkaufen. So waren z.B. am letzten Sonntag in Deutschland in einer Aktion mit Schuhen von Tommy Hilfiger diese bereits nach wenigen Stunden zu 98% verkauft. Deshalb sieht er auch kein Risiko für Marken hinsichtlich der Produktionsplanung, da diese Ihre Überhänge effektiv über Vente Privée abschleusen können. Bemerkenswert fand ich in diesem Zusammenhang auch eine repräsentative Studie, die Xavier Court erwähnte. Demnach steigt die Markenbekanntheit von Marken, die bei Vente Privée verkauft wurden, bei Mitgliedern signifikant. Und 40% der Mitglieder, die in einer Verkaufsaktion einer Marke nichts Passendes finden, gehen danach in die stationären Geschäfte der Marken. Das wäre in der Tat ein überzeugendes Argument für Markenhersteller.

Hinsichtlich der im Vergleich zu Onlineshops schlechten Usability kündigte Jacques-Antoine Granjon in Kürze eine Verbesserung an - so seien Größenfilter und eine aktionsübergreifende Suche z.B. nach Kategorien geplant.

Das nächste Thema, das wir diskutierten, war der Wettbewerb bzw. der USP von Vente Privée. Aus Sicht des CEOs sind Shops wie Yoox keine wirklichen Wettbewerber, da sie immer nur eine relativ kleine Anzahl an Artikeln verkaufen können und damit für die Marken aus seiner Sicht nicht so attraktiv sind. Die große Stärke von Vente Privée gegenüber anderen Shopping-Clubs sieht er darin, dass sich Vente Privée in erster Linie den Marken verpflichtet sieht. Ein partnerschaftliches Verhältnis zu den Marken, für die Vente Privée als Dienstleister handelt, steht eindeutig an erster Stelle. Aus Sicht der Gründer wird ganz automatisch ein USP beim Kunden erzeugt, wenn die Markenhersteller gerne mit Vente Privée zusammenarbeiten. Somit sind auch Grauimporte oder gefälschte Artikel kein Problem für Vente Privée, da diese nur direkt von den Herstellern kaufen und nicht von Großhändlern oder Lizenznehmern. Dies sei wichtig, um das gute Verhältnis zu den Marken nicht zu stören.

Diese besondere Haltung der Vente Privée Gründer zeigte sich auch beim nächsten Thema. Befragt nach Expansionsplänen schlossen sie eine Expansion nach USA oder Asien vorerst aus. In den USA sind reduzierte Preise bei Markenartikeln normal und damit besteht aus Sicht von Jacques-Antoine Granjon ein Nachfragermarkt, in dem das bedarfsweckende Push-Konzept der Shopping-Clubs nicht so gut funktionieren kann. Vente Privée wird sich weiterhin auf den europäischen Markt konzentrieren. Aber auch eine Expansion nach Osteuropa ist vorerst nicht interessant - Vente Privée schaut nach eigenen Angaben nicht wie die Wettbewerber nach eventuellen E-Commerce-Marktpotentialen, sondern konzentriert sich darauf, was für die Hersteller den meisten Nutzen bringt.

Abschließend sprachen wir noch über die Gerüchte, dass Investoren, wie eBay oder Amazon Interesse daran haben sich an Vente Privée zu beteiligen. Jacques-Antoine Granjon, der auch Hauptaktionär von Vente Privée ist, erläuterte glaubhaft, dass er derzeit keine Investoren sucht. Zum einen ist Vente Privée seit längerem profitabel und hat einige Millionen Cash zur Verfügung und zum anderen liebt er seine Freiheit und hat keine Lust sich ins Geschäft reinreden zu lassen. Natürlich ist nicht auszuschließen, dass der einzige VC Summit Partners, der in 2007 20% der Anteile erworben hat, diese eventuell verkauft.

Laut eigenen Angaben hat Vente Privée im ersten Halbjahr 2009 insgesamt den Umsatz um 40% zum Vorjahr gesteigert. In Deutschland lag der Umsatz im ersten Halbjahr bei 20,6 Mio. Euro, was eine Steigerung von 140% zum Vorjahr ausmacht. In diesem Jahr will Vente Privée mit 1.800 Shoppingaktionen von 850 verschiedenen Marken einen Umsatz von insgesamt 650 Mio. Euro erzielen. Aus meiner Sicht sind auch 700 - 750 Mio. Euro in 2009 noch möglich.

Frühere Beiträge zum Thema:

4 Kommentare:

  1. Da hattest du einen etwas anderen Fokus im Interview als wir. Sehr schön. Coole Infos.

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  2. Dann freue ich mich auf Eurer Interview. Ist doch klasse, wenn sich die Infos ergänzen.

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  3. Wow, du durftest den CEO von vente-privee.com interviewen. Interessante und auch sehr detaillierte Infos, die du bekommen hast. Finds auch super, dass VP sich erstmal auf Europa konzentriert. Hab eine Freundin in Portugal, vielleicht kann Sie ja auch bald mal von den Markenangeboten profitieren...

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  4. Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

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