Passion for Slow Fashion - nachhaltig online Mode konsumieren (Second-Hand-Fashion online kaufen, Mode online leihen oder tauschen) - Part 1
In meinem letzten Blogbeitrag Passion for Fashion - was im Online-Modehandel zu kurz kommt habe ich mich mit dem Mangel an
Visionen, Inspirationen und kundenorientierten Services im Online-Modehandel
auseinandergesetzt.
Heute soll es um die dreckige, dunkle Seite der Mode gehen.
(Bildquelle: Trigema Blog)
Die (Fast-)Fashion
Industrie hinterlässt einen enormen Footprint. Z.B. gehen laut Eco-Business
Schätzungen von 330 Millionen bis 832 Millionen Tonnen Kohlendioxid pro Jahr
für die Produktion von Kleidung aus – das würde reichen um ein Jahr lang 31,6
Millionen bis 79,7 Millionen Haushalte zu heizen und mit Strom zu versorgen (Eco-Business
- What we know - and need to know - about sustainable fashion). Die Deutsche
Welle (DW) geht aktuell sogar davon aus, dass dies noch höher ist - „Die
gesamte Textilproduktion verursacht in nur einem Jahr über eine Milliarde
Tonnen CO2. Das ist mehr als alle jährlichen internationalen Flüge und
Schifffahrten zusammen. Dazu kommt die Verschmutzung der Meere durch
Mikroplastik aus Textilfasern und die Verwendung giftiger Chemikalien“ (DW - Umweltsünde Mode: Nur "FastFashion", oder geht es auch nachhaltig?).
Laut dem World Economic Forum werden 2.700 Liter Wasser
allein dafür benötigt, um ein T-Shirt zu produzieren und damit ist die
Modeindustrie nach der Öl-Industrie die am meisten umweltverschmutzende Industrie
(World Economic Forum - These are the environmental costs of fast fashion).
Dabei wird im Rahmen der
Produktion eines T-Shirts hierfür eine Reise von unglaublichen 27.500 km vollzogen
(Trigema-Blog - Fast
Fashion, schnelllebige Mode).
Bei einer Jeans ist dies noch schlimmer - auch die Vogue
geht darauf ein und zeigt Alternativen auf (Vogue - Die Kehrseite von Darling Denim: Das "schmutzigste Kleidungsstück" der Welt und seine nachhaltigste Alternative).
Noch viel mehr Details zu den Auswirkungen der
Fast-Fashion-Industrie zeigt die Ellen MacArthur Foundation (eine renommierte
gemeinnützige Stiftung mit Fokus auf Entwicklung einer regenerativen Wirtschaft)
in ihrem Report A New Textiles Economy: Redesigning fashion’s future / Voller Report als PDF mit 150 Seiten).
Und diese aufwändig produzierte Mode liegt oftmals schnell
ungenutzt in den Kleiderschränken und wird dann weggeschmissen. Laut einer
Greenpeace-Studie liegen allein in Deutschland ca. eine Milliarde ungenutzte
Kleidungsstücke in den Kleiderschränken und nicht gebrauchte Kleidung wird am
häufigsten einfach im Müll entsorgt und
nicht wiederverwendet (via Handelskraft - Das
Geld liegt nicht auf der Straße, es hängt im Kleiderschrank).
Wie die Studie (Greenpeace-Umfrage zum
Kleidungskaufverhalten - MODE,
BEWUSST!) und eine weitere Greenpeace-Studie (Konsumkollaps
durch Fast Fashion) weiter zeigen:
- Jeder Deutsche kauft demnach etwa 60 neue Kleidungsstücke pro Jahr und trägt diese halb so lange wie vor 15 Jahren.
- Jedes fünfte Kleidungsstück (19 %) wird so gut wie nie getragen.
- Oberteile und Hosen sowie insbesondere Schuhe werden laut der repräsentativen Umfrage in Deutschland nur noch kurze Zeit genutzt. Fast jeder Zweite gibt an, innerhalb weniger als einem Jahr Schuhe, Oberteile und Hosen auszusortieren. Spätestens nach drei Jahren werden mehr als die Hälfte der Oberteile, Hosen und Schuhe ausgemustert.
Die Greenpeace-Studie - Usage & Attitude Mode unter Jugendlichen / PDF zeigt, dass es bei den
Jugendlichen z.T. besser aussieht – weiter gibt diese Studie auch einen
detaillierten Einblick über die Zielgruppe der jugendlichen Fashion-Käufer.
Der thredUp Resale Report 2018 zeigt ein widersprüchlicheres
Bild zum Shoppingverhalten der Millennials
Doch Nachhaltigkeit wird zum Glück für Viele immer
wichtiger. Warum ständig etwas Neues kaufen, wenn es genauso gute oder bessere
Alternativen zum ständigen konsumieren von Neuware gibt?
Share-Economy und nachhaltige Konzepte werden auch im Online-Modemarkt
immer relevanter. Mit diesem Artikel möchte ich einen Schnappschuss auf Slow
Fashion-Konzepte, den Markt und auf ausgewählte Player geben.
Überblick Slow Fashion - Markt und Geschäftsmodelle
Unter dem Begriff
Slow Fashion werden Ansätze zum fairen und nachhaltigen Konsum von Mode
verstanden. Also ein bewussterer und entschleunigter Umgang mit Mode. Das
bedeutet Preloved-Fashion / Second-Hand-Fashion kaufen, Mode leihen oder
tauschen sowie fair und nachhaltig produzierte Mode kaufen. Einen lesenswerten
Überblick zu vielen Ansätzen gibt Stefanie Jakob bei Utopia - Slow Fashion: Ein Konzept für bessere Mode.
Allein der Markt für Preloved-Fashion
/ Second-Hand-Fashion (oder auch Recommerce oder Resale) wächst beständig. Dieser
Markt, soll laut Schätzung des
US-Recommerce-Unternehmens thredUp, das mit dem Resale-Report einen jährlichen
Branchenreport herausgibt, von aktuell 18 Mrd. Dollar auf 41 Mrd. Dollar in
2022 wachsen (via manager magazin - Warum gebraucht plötzlich sexy ist). ThredUp liefert aber auch noch weitere
interessante Informationen zum Second-Hand-Fashion-Markt im 2018 Fashion Resale Market and Trend Report. Demnach wird der Anteil der Second-Hand-Fashion von rd. 5,5% in
2017 auf rd. 10% in 2022 wachsen.
Auch in China ist
(Fashion-)Recommerce bereits ein Thema, das starkt wächst – eine detaillierte
Analyse dazu bietet Coresight Research - Deep Dive: China’s Online Fashion Recommerce Market - Part 1 The Next Frontier for E-Commerce (auch als PDF / Infografik).
Insgesamt ist das
Marktvolumen noch um einiges höher, da neben dem Markt der Second-Hand-Mode
auch der Markt für Leihen und Tauschen etc. berücksichtigt werden muss.
Dabei sind folgende Geschäftsmodelle
besonders relevant:
1. Second-Hand-Fashion verkaufen und kaufen
Business-To-Consumer (B2C) Geschäftsmodelle
Mittlerweile gibt es einige - teilweise schon große - Unternehmen, welche gebrauchte Mode aufkaufen und diese dann im eigenen
Online-Shop wieder verkaufen. Dies bietet dem User die Möglichkeit, seine nicht
mehr genutzten Modeartikel schnell und einfach loswerden und dafür Geld zu
bekommen. Diese Händler prüfen dann die Echtheit, erstellen Artikelfotos und
-texte und kümmern sich um den Verkauf.
Hier ein paar der relevantesten /
interessantesten Player:
Vite EnVogue
aus Hamburg mit einer großen Auswahl an Premium Second-Hand-Designermode – der Ankauf erfolgt über Buddy & Selly
Ubup ist der
größte Second-Hand-Online-Shop für Mode in Deutschland und gehört zu momox. Der
Ankauf erfolgt über momox-fashion.de.
Auch Zalando ist mittlerweile aktiv
geworden. Im März wurde die App "Wardrobe" gestartet, über welche
User ihre gebrauchten Kleidungsstücke an andere Nutzer oder Zalando selbst
verkaufen können. Weitere Infos bei Jochen Krisch (Exciting Commerce - Zalando Wardrobe hilft beim Ausmisten des Kleiderschranks und
Warum
Zalando Wardrobe gerade jetzt Sinn macht #K5BLN).
Second Life Fashion - ein weiterer, jüngerer deutscher Online-Shop, der auch
gebrauchte Mode direkt ankauft.
Consumer-To-Consumer (C2C) Geschäftsmodelle
Fast seit den Anfängen des Internets können User ihre
gebrauchten Artikel auf Online-Marktplätzen selbst verkaufen. Im Gegensatz zu
den Online-Shops ist der Online-Marktplatz „nur“ der Vermittler eines
Kaufvertrags zwischen Verkäufer und Kunden und erhält hierfür eine Provision
vom Verkäufer. Mittlerweile übernehmen die Marktplätze für
Second-Hand-Designer-Mode oft zusätzliche Serviceleistungen, wie z.B. das
Fotografieren des Artikels und die Erstellung von Artikeltexten sowie Kontrolle
der Echtheit und der Qualität, was insbesondere bei hochwertiger Designer-Mode hilfreich
ist.
Hier ein paar der relevantesten / interessantesten Player:
EBay die „Mutter“
aller Online-Marktplätze ist seit 1995 aktiv und hat das größte Angebot an
Second-Hand-Artikeln.
REBELLE - ebenfalls aus Hamburg - ist der größte Online-Marktplatz aus Deutschland für
hochwertige Designer-Mode. Der
Verkäufer kann wählen, ob er seine Artikel selbst einstellen und fotografieren möchte
oder ob das REBELLE mit dem Concierge-Service erledigen soll (dafür fällt eine
zusätzliche Gebühr in Höhe von 15,- EUR pro Artikel an).
Vestiaire Collective ist ein
weiterer großer Online-Marktplatz für Premium Designer-Mode, der in Frankreich
gegründet wurde, aber international aktiv ist. Auch hier wird die Echtheit
überprüft bevor der Artikel an den Käufer verschickt wird. Vestiaire Collective
stellt den Social-Aspekt mehr in den Vordergrund – der Verkäufer wird mit Foto
angezeigt. Hier gibt es nach eBay das größte Angebot in Deutschland.
Mädchenflohmarkt
ist in Deutschland schon seit 2009 aktiv und bietet ebenfalls einen Concierge Service an. Um dem Verkäufer den
Prozeß zu vereinfachen.
Auch Kleiderkreisel
gehört seit 2008 zu den Pionieren in Deutschland – hier erfolgt der Verkauf der
gebrauchten Modeartikel ohne Provision und auch Tauschen ist möglich. Die
Echtheit des Artikels wird durch Kleiderkreisel nicht geprüft.
Videdressing
aus Frankreich ist neben anderen Ländern auch schon länger in Deutschland
aktiv. Auch Videdressing hat ein großes Angebot an Second-Hand-Designer-Mode und
bietet eine Echtheitsgarantie. Allerdings wird hier kein Concierge Service angeboten.
Bei
The RealReal (einer der größten Player
aus USA – versendet auch international) verwischen die Grenzen – der Verkäufer
gibt die Bekleidungsstücke zu The RealReal – alles Weitere macht das
Unternehmen (inkl. Festlegung des Preises). Da der eigentliche Verkäufer auch
nicht in Erscheinung tritt / genannt wird, wirkt es aus Kundensicht wie ein
B2C-Geschäftsmodell.
ThredUp ist
einer der größten Marktplätze für
Designer-Mode in den USA und verschickt derzeit nur nach USA und Kanada.
Auch hier wird die Echtheit geprüft und auch hier tritt der Verkäufer nicht
direkt in Erscheinung.
Poshmark der
dritte große amerikanische Player – hier erfolgt der Kauf / Verkauf i.d.R. mit
der Poshmark-App. Auch Poshmark ist bisher noch nicht außerhalb der USA verfügbar.
2. (Second-Hand-) Mode leihen oder tauschen
Neben dem Kauf von Mode gibt es auch die Möglichkeit diese
zu leihen oder zu tauschen. Beim Leihen von Mode haben sich Abo-Modelle
durchgesetzt, d.h. für einen festen Monatsbeitrag bekommt der User eine
festgelegte Anzahl von Artikeln zugesandt. Sobald er diese (kostenlos)
zurückgesandt hat, bekommt er ein neues Paket. Die getragenen Artikel werden
durch den Anbieter professionell gereinigt und dann wieder in den Kreislauf
gegeben. Also Sharing statt Shopping - Modekonsum ohne Besitz.
Auch hier ein
paar der relevantesten / interessantesten Player:
Rent the Runway aus den USA (und bisher nur dort aktiv) ist die größte und bisher
erfolgreichste Plattform für das Leihen von Mode. Zuerst Start ließen sich die
hochwertigen Designerstücke für z.B. ein besonderes Event gegen Gebühr leihen.
Mittlerweile machen die Abos (Tausch monatlich oder jederzeit möglich) den
Großteil der Umsätze aus (via Exciting Commerce - Wie Rent the Runway mit seinen $159-Unlimited-Abos fährt).
Mit der Kleiderei
aus Hamburg waren die Gründerinnen Thekla Wilkening und Pola Fendel Pioniere im
Fashion-Sharing in Deutschland. Sie sind 2012 lokal gestartet und dann in 2014
online gegangen. Gegen eine monatliche Gebühr können die User vier
Kleidungsstücke ausleihen und bei Bedarf gegen andere Kleidungsstücke tauschen.
Der Hin- und Rückversand ist dabei kostenlos. Allerdings macht die Kleiderei online gerade einekleine Pause.
Myonbelle
bietet drei unterschiedliche Fashion Flatrates – der User bekommt ein Paket mit
einer (je nach Flatrate) unterschiedlichen Anzahl von Kleidungsstücken und kann
diese so oft tauschen, wie er will.
Weitere Anbieter in Deutschland sind fashion4aday, dresscoded.com und Chic by Choice.
Auch
in China ist Leihen ein wachsendes Thema - siehe Jing Daily - The Luxury Goods Rental Market in China: What You Need to Know
3. Sonstige Geschäftsmodelle
Hier noch ein paar weitere Player, die rund um
Second-Hand-Fashion entstanden sind:
CATCHYS
ist eine Meta-Suchmaschine für Second-Hand-Mode und durchsucht
Second-Hand-Shops, wie ubup, Vite Envogue und einige mehr (via Etailment - Catchys - Second Hand auf einen Blick).
Prelovee ist
eine weitere neue Meta-Suchmaschine für Second-Hand-Fashion - hier werden u.a. Vestiaire
Collective, Vite EnVogue und REBELLE durchsucht.
FASH BACK
ist ebenfalls ein Hamburger Start-Up und fungiert als Fashion-Aufkauf-Plattform
und „White-Label“ Lösung für stationäre und online Fashion Händler (via Gründerszene
- www.gruenderszene.de/datenbank/unternehmen/fash-back).
Der User bekommt online gleich einen potentiellen Ankaufspreis genannt und kann
sich dann ein kostenloses Paketlabel ausdrucken.
Fazit
Es tut sich was im Bereich Slow Fashion. Viele unterschiedliche
und professionelle Plattformen bieten interessante Alternativen für
nachhaltigen Mode-Konsum.
Hoffentlich entwickelt es sich weiter und regt möglichst viele
Menschen an, das eigene Konsum- / Shoppingverhalten zu überdenken!
In einem meiner nächsten Beiträge werde ich im Part 2 zur
Slow Fashion ausgewählte Geschäftsmodelle etwas detaillierter betrachten und bzgl.
Usability und Angebot vergleichen.
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